| Dr. Claudia Buchwald

Der Aluhut

Ein schillerndes Objekt der Corona-Pandemie

Bekanntlich ist der Aluhut eines der prominentesten Symbole für Anhänger*innen von Verschwörungstheorien, die sich wahlweise um radioaktive Strahlung, elektromagnetische Felder oder telepathische Gedankenkontrolle ranken. Ironisch werden Vertreter*innen solcher Ideen als „Aluhut“-Träger*innen bezeichnet.

Die COVID-19-Pandemie fügte dem bunten Bedeutungskosmos des Aluhuts einen neuen Aspekt hinzu. Seit Jahresbeginn 2020 kursiert das Coronavirus in Deutschland und erreichte am 5. März 2020 nachweislich Braunschweig.1 Die meisten Geschäfte schlossen knapp zwei Wochen später. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen. Im April wurde dann für den öffentlichen Nahverkehr und den Einkauf zur Grundversorgung eine Maskenpflicht eingeführt; Abstandsregeln bestimmten den Alltag. Solche Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene riefen Protestaktionen in verschiedenen Städten hervor.

Anfang Mai fand die erste der so genannten „Hygienedemos“ auf dem Braunschweiger Schlossplatz statt und erlebte im Laufe des Monats mehrere Wiederholungen. Die Veranstalter*innen und ihr Publikum sprachen sich lautstark gegen die Schutzmaßnahmen aus und beschworen eine angebliche Verletzung der Grundrechte. Von Panikmache war die Rede, die Existenz einer Pandemie wurde öffentlich bezweifelt, und überhaupt, so hieß es: „Hinterfragt alles!“Corona bot Verschwörungstheoretikern reiches Futter.

Als sich die Corona-Skeptiker*innen am 9. Mai 2020 erneut auf dem Schlossplatz versammelten, waren sie nicht allein. Eine von vielen Stimmen, die sich solchen Verlautbarungen öffentlich widersetzten, waren Angehörige der Satire-Partei „DIE PARTEI“. Während der Demonstration bastelten sie Aluhüte und trugen diese zum „Schutz gegen die unsäglichen Vorwürfe und Hetzreden von der Bühne“, wie uns der Kreisverbandsvorsitzende Maximilian P. Hahn erklärte.3 Das Tragen der Hüte habe jedoch „leider zu großer Aufmerksamkeit [geführt] und wir wurden der Veranstaltung verwiesen“. Die spöttische Botschaft in Form einer Kopfbedeckung wurde verstanden - der Aluhut zum Objekt der Corona-Pandemie.
 

Das spezielle Exemplar jedoch, das Herr Hahn bei dieser Aktion trug, übergab dieser dem Braunschweigischen Landesmuseum und ist seitdem Teil unserer Sammlung.
 

In unserer Betrachtung des Objekts mischt sich heute viel Wehmut: Die Pandemie dauert an, mittlerweile demonstrieren die Corona-Skeptiker*innen unter dem „Querdenker“-Label und inzwischen ist der Aluhut auch das von ihnen selbst verwendete Symbol der Bewegung. Am 17. Februar 2022, also ein Jahr und 8 Monate später, zählen wir in Braunschweig 224 Tote – Opfer einer Pandemie, die auf dem Schlossplatz verleugnet wurde. Auch das gehört zu dieser Geschichte.

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