| Dr. Hansjörg Pötzsch und Dr. Lea Weik

Happy Chanukka!

Benny Mielziners Leuchter im Braunschweigischen Landesmuseum

Chanukka, das Lichterfest, wird 2020 vom 10. bis 18. Dezember von Jüdinnen und Juden weltweit  gefeiert. Das Fest erinnert an den erfolgreichen Aufstand der Makkabäer gegen die Seleukiden und die Rückeroberung des zweiten jüdischen Tempels im Jahr 164 v. Chr. Zur Wiedereinweihung des Tempels gehörte das Entzünden der Menora, des siebenarmigen Tempelleuchters, der immer brennen sollte. Eine Legende erzählt, dass man im Tempel nur einen Krug reinen Öls vorfand – gerade genug, um die Lichter der Menora einen Tag brennen zu lassen. Allerdings dauerte die Herstellung neuen Öls acht Tage. Doch auf wundersame Weise erloschen die Flammen nicht, sondern brannten volle acht Tage. Um an dieses Wunder zu erinnern, wird an jedem Abend des Chanukkafestes eine weitere Kerze angezündet, so dass am Ende alle Lichter des im Gegensatz zur Menora achtarmigen Chanukkaleuchters brennen. Um die Kerzen zu entzünden verwendet man eine neunte, eine „Dienerkerze“ (Schamasch), die vorne in den Leuchter eingehängt werden kann.

Als dem Braunschweigischen Landesmuseum vor etwas über einem Jahr ein Chanukkaleuchter zum Kauf angeboten wurde, war schnell klar, dass es sich um ein ganz besonderes Objekt handelt, und das nicht nur der kunsthandwerklichen Bedeutung wegen. Der aus Messing gegossene imposante Leuchter entstand vor 1923. Seine Form mit antikisierend anmutendem floralem Dekor ist jedoch älter und entspricht dem Muster Nürnberger Manufakturen aus der Zeit des frühen 19. Jahrhunderts.  Vergleichbare Stücke finden sich in den jüdischen Museen von New York und Brüssel. Doch auch wenn der Leuchter aus kunsthistorischer Sicht die Judaica-Sammlung des Landesmuseums hervorragend ergänzt, ausschlaggebend für das Interesse am Erwerb war vor allem die personalisierte Gravur am Fuß des Leuchters. Aus ihr geht hervor, dass der Leuchter ein Geschenk der Leopold Zunz-Loge Braunschweig, einer Tochterloge des Unabhängigen Ordens Bne Briss (U.O.B.B.), an ihren Ex-Präsidenten Benny Mielziner zu dessen 70. Geburtstag am 11. März 1923 war. Damit erzählt der Leuchter ein wichtiges Stück braunschweigisch-jüdischer Geschichte. 1853 als Sohn eines Rabbiners in Dänemark geboren, erwarb sich der Kaufmann Benny Mielziner weit über Braunschweig hinaus einen Ruf als Fachmann für Konkursrecht. Seine Familiengeschichte steht für die so vieler Juden in Deutschland und erzählt vom gesellschaftlichen Aufstieg im Kaiserreich und in der Weimarer Republik ebenso wie von der Ausgrenzung, Verfolgung und Emigration im Nationalsozialismus.

Bevor das Braunschweigische Landesmuseum den Erwerb des aus niederländischem Privatbesitz angebotenen Leuchters in Erwägung ziehen konnte, musste allerdings die Provenienz (Herkunft) des Objekts geklärt werden.

Konnte es sich um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut („NS-Raubgut“) handeln? Eine Verbindung zwischen dem Anbieter und der Familie Mielziner bestand nicht. Abgesehen von der Widmung für Benny Mielziner blieb die Provenienz des Objekts unbekannt. Wie bei einem Kaufangebot üblich, war die Zeit für die Recherche begrenzt. Weder in der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste noch in anderen in- und ausländischen Datenbanken zur Provenienzforschung war der Leuchter gelistet. Relativ schnell gelang es, Kontakt zu Nachkommen Benny Mielziners in den Niederlanden und in den USA aufzunehmen. In beiden Fällen erhoben die Nachkommen keinen Anspruch auf den Leuchter und befürworteten den Ankauf durch das Museum nachdrücklich. Der Leuchter sollte zurück nach Braunschweig.

Mit Unterstützung der Hans und Helga Eckensberger Stiftung konnte der Leuchter im November 2019 vom Braunschweigischen Landesmuseum erworben werden. Als Objekt, dessen Geschichte ikonisch ist, sowohl für die Geschichte des jüdischen Bürgertums in Braunschweig als auch für die NS-Verfolgung, ergänzt der Chanukkaleuchter Benny Mielziners die Judaica-Sammlung des Landesmuseums in besonderer Weise.

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