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| PD Dr. Mike Reich, Dr. Ralf KosmaFossilien als Zeugen vergangener Lebensräume liefern uns seit mehreren Jahrhunderten verlässliche Belege der Vielfalt und Entwicklung des Lebens auf unserer Erde. Darunter befinden sich vielfach auch Formen oder Organismengruppen, die heute nicht mehr existieren, oder aber mikroskopisch klein sind und somit leicht übersehen werden. Gerade letztere Mikrofossilien entziehen sich aufgrund ihrer Größe gerne dem Auge der Betrachter*innen. Dies ist umso bedauerlicher, da gerade solche Mikro- und Nanofossilien großen praktischen Nutzen, beispielsweise in der Exploration von Rohstoffen, bei Altersdatierungen oder aber in der Klimaforschung, haben.
Die Paläontologische Gesellschaft (www.palges.de) vergibt seit 2008 jährlich die Auszeichnung „Fossil des Jahres“, wobei in diesem Jahr erstmals ein Mikrofossil gekürt wurde – Neoflabellina reticulata. Bei diesem handelt es sich um einen durchschnittlich nur 1 Millimeter großen Einzeller (Foraminifere oder ‚Kammerling‘) aus der Schreibkreide. In einer Treibhaus-Welt während der späten Oberkreide-Zeit (vor ca. 70 Millionen Jahren) wurde „Schreibkreide“ in einem Schelfmeer in weiten Teilen Europas und Nordamerikas als Sediment abgelagert. Aus diesem sind neben gesteinsbildenden Nanofossilien (durchschnittlich 0,025 mm große Kalkflagellaten, sogenannte Coccolithophoriden) auch Hunderte von Foraminiferenarten bekannt. Derartige Schreibkreide-Vorkommen sind auch in Deutschland vielfach zu finden – am besten sind wohl die Kreidefelsen auf der Insel Rügen bekannt, aber auch im Untergrund von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist das diesjährige Fossil des Jahres in vielen Gesteinsbohrungen zu finden.
Vorstellung des „Fossils des Jahres“ 2022 im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald
© Dieter Stellmacher
Charakteristisch für dieses Mikrofossil ist das lanzettförmige, stark abgeflachte Gehäuse aus Kalziumkarbonat, wobei mehrere Kammern mit nach außen hin sichtbaren Rippen und Querrippen an der Spitze des Gehäuses eine Mündung zeigen. Erstmals nachgewiesen und beschrieben wurde diese Foraminiferenart vom österreichischen Paläontologen August Emanuel von Reuss (1811–1873) Mitte des 19. Jahrhunderts anhand von Material aus Galizien (heutige Westukraine). Neoflabellina reticulata ist eine ausgestorbene Art, die weltweit verbreitet war, jedoch ausschließlich im Maastrichtium (der letzten Stufe der Oberkreide am Ende des Erdmittelalters) vor 72 bis 66 Millionen Jahren vorkam.
Die offizielle Präsentation des „Fossils des Jahres“ 2022 fand in diesem Jahr unter Beteiligung der Paläontologischen Gesellschaft und verschiedener geladener Gäste am 07. Mai im Pommerschen Landesmuseum (https://www.pommersches-landesmuseum.de) in Greifswald statt.
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