Hinter den Kulissen
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Hinter den Kulissen
| Dr. Angela KleinBeitrag zur Blogparade "Frauen und Erinnerungskultur"
Für Thomas Mann war sie 1924 „die erste Frau Deutschlands, wahrscheinlich die erste Europas“: Ricarda Huch, die am 18. Juli 1864 in Braunschweig geborene Schriftstellerin. Sie entstammte einer kulturell aufgeschlossenen Braunschweiger Kaufmannsfamilie. Um ihre selbstgewählten Ziele zu verwirklichen, wechselte sie 1887 nach Zürich, wo seit 1867 erstmals Frauen studieren konnten. 1891 beendete sie ihr Studium der Geschichte mit der Promotion, als erste promovierte deutsche Historikerin. Bereits in der Studienzeit veröffentlichte sie erste Gedichte, noch unter dem Pseudonym R. I. Carda. Für Ricarda war die Schriftstellerei „meine Aufgabe und meine Leidenschaft“. Schon im Frühwerk, wie etwa dem autobiographisch anmutenden Roman „Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren“ (1893) zeigte sich ihre großartige Sprachbeherrschung.
1898 heiratete Ricarda Huch in Wien den italienischen Zahnarzt Dr. Ermanno Ceconi. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit der kulturgeschichtlichen Studie „Die Romantik“ (1899 – 1902). In ihrem Roman „Aus der Triumphgasse“ (1902) erweist sie sich als sozialgeschichtlich geschulte Historikerin, die nicht auf der Suche nach der Größe deutscher Vergangenheit ist, sondern Not und Elend städtischen Alltagslebens in den Fokus stellt. Ricarda Huch richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Außenseiter der Gesellschaft, sie, die zugleich selbstbestimmt in der ihr eigenen Art für die Rechte der Frauen eintrat. Damit hat sie entgegen der damals offiziellen Geschichtsschreibung die historische Betrachtung auf ungewöhnliche Weise erweitert.
1906 wurde die Ehe mit Ceconi geschieden. Es kam zu einer erneuten Annäherung an den Schwager Richard. Nach der Heirat 1907, die für die bürgerliche Gesellschaft Braunschweigs ein Skandal war, lebte das Paar in Braunschweig. Als auch diese Ehe scheiterte, verließ Ricarda Huch 1910 endgültig ihre Geburtsstadt. In der Folgezeit entstanden als wichtigste Werke: „Der große Krieg in Deutschland“ (1912 – 1914) und das bedeutendste Spätwerk, die Darstellung der deutschen Geschichte vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert (1934; 1937/1949). Mit ihren Prinzipien von Humanität und Freiheit, Toleranz und Antiimperialismus trat sie in Widerspruch zur offiziellen Geschichtsauffassung der NS-Diktatur. Ricarda Huch trat 1933 in offenem Widerspruch zum NS-Regime aus der Preußischen Akademie der Künste aus. Als Ricarda Huch am 4. Oktober 1947 als Ehrenpräsidentin den Ersten Deutschen Schriftstellerkongress in Berlin eröffnete, nutze sie die Gelegenheit, in den Westen auszureisen. Bereits am 17. November 1947 verstarb sie in Schönberg/Taunus.