| Prof. Dr. Thomas Döring und Dr. Andreas Uhr

Wochenende der Graphik 2021

Dialoge – Produktion & Reproduktion in der Graphik

Für Liebhaber der Graphik ist das zweite Wochenende eines jeden Novembers seit dem Jahr 2009 traditionell reserviert. Warum? Weil an diesem fixen Termin in zahlreichen Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz das "Wochenende der Graphik" veranstaltet wird. Zwei Tage, die ganz im Zeichen der Kunst auf Papier stehen, die sonst aus konservatorischen Gründen in Dunkelheit verwahrt wird und für die Öffentlichkeit nur nach Voranmeldung zugänglich ist.

Nachdem im Jahr 2020 an diesen der Graphik gewidmeten Tagen keine Originale präsentiert werden konnten, wollen wir in diesem Jahr nun wieder einige ausgewählte Zeichnungen und Druckgraphiken aus den Schränken hervorholen. Am 13. und 14. November 2021 steht im Herzog Anton Ulrich-Museum also wieder einmal die Graphik im Mittelpunkt: Unter dem Oberthema „Produktion & Reproduktion in der Graphik“ ist das Angebot ganz auf Dialoge im künstlerischen Schaffensprozess ausgerichtet. Dialoge, die Künstler*innen einst und heute miteinander durchlebt haben oder die als künstlerische Auseinandersetzung mit einer konkreten Vorlage zu verstehen sind.

Am Samstag, den 13. November 2021, wird Dr. Andreas Uhr in der Gemäldegalerie vor Rembrandts Familienbild druckgraphische Originale präsentieren, die dieses zentrale Spätwerk des Meisters zum Gegenstand haben. Max Beckmann (1884–1950), der seine prägenden Jugendjahre in Braunschweig verbracht hat, kannte Rembrandts Familienbild bestens und dürfte es unzählige Male ausgiebig studiert haben. Dies verbindet ihn mit Georges Fouquet-Dorval (1871–1955), der Rembrandts Familienbild ab April 1899 mit offizieller Genehmigung aufs Genaueste studierte und im Sinne eines individuellen Reproduktionsstichs wiedergab. Seine Interpretation des Familienbildes überzeugt in ihrer technischen Brillanz der Übertragung von Rembrandts ausgeprägtem Pinselduktus und der Farbigkeit des Gemäldes in das charakteristische Schwarz-Weiß der Druckgraphik. Fouquet-Dorval verstand es, den Blick des Betrachters auf einzelne Details zu lenken, die im Medium der Fotografie – namentlich den ab Spätherbst des Jahres 1900 verfügbaren Pigmentdrucken der Firma Bruckmann A.G. – kaum auszumachen sind.

Am Sonntag, den 14. November 2021, wird Professor Dr. Thomas Döring einen Einblick in das Kupferstichkabinett gewähren und anhand ausgewählter Originale jenen Dialogen nachgehen, die Künstler*innen seit jeher im Medium der Graphik geführt haben. Eines der bekanntesten Beispiele in dieser Hinsicht nahm zu Beginn der 1470er Jahre seinen Ausgang in Martin Schongauers Kupferstich des Todes Mariens. Ein Blatt, das sowohl in seiner Bildfindung als auch in seiner drucktechnischen Umsetzung revolutionär war. Entsprechend gesucht war es, sodass das Blatt bereits im 15. Jahrhundert vom Monogrammist AG kopiert oder genauer gesagt reproduziert wurde. Da das Studium der Kupferstiche Martin Schongauers für viele Künstler lange obligatorisch war, ist es keineswegs verwunderlich, dass Künstler wie Albrecht Dürer (1471–1528) und Rembrandt (1606–1669) das Bildthema des Marientodes nicht unbefangen angehen konnten, sondern mit Schongauers Komposition in einen künstlerischen Wettstreit traten. So wie sich, in einer Mischung von Bewunderung und Rivalität, mehr als 300 Jahre später David Hockney in seiner Radierung „Artist and Model“ in eine vieldeutige Beziehung zu Picasso gesetzt hat.

Organisatorisches zum Wochenende der Graphik 2021:
 

Max Beckmann vor Rembrandts Familienbild – ein Meisterwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Führungen mit graphischen Originalen in der Galerie, Dr. Andreas Uhr

Samstag, 13. November 2021, 15-16 Uhr und 16:30–17:30 Uhr


Dialoge unter Meister*innen – von Dürer und Rembrandt bis Kollwitz und Hockney

Führungen mit Originalen im Kupferstichkabinett, Prof. Dr. Thomas Döring

Sonntag, 14. November 2021, 15-16 Uhr und 16:30-17:30 Uhr

Kosten: Museumseintritt zzgl. 2 € Führungsgebühr



 

Anmeldung unter

Buchungsservice

Mo–Fr 10 bis 17 Uhr

E-Mail buchung.haum@3landesmuseen.de
Telefon 0531 1225 - 2424

Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstr. 1
38100 Braunschweig

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