Die Sammlung Angewandte Kunst spiegelt das Repräsentationsbedürfnis und spezifische Interessen der höfischen Sammler wider. Hier verbinden sich kostbare Materialien und große Kunstfertigkeit, humanistische Gelehrsamkeit und das Streben, Raum und Zeit zu erfassen. Wirtschaftspolitische Erwägungen und naturwissenschaftliche Experimentierfreudigkeit beförderten die Künste und führten beispielsweise zur Erfindung des europäischen Porzellans.
Die Abteilung enthält den herzoglichen Bestand der italienischen Majolika, des Limousiner Maleremails, der Kostbarkeiten, der Uhren, der historischen Möbel, der Prunkwaffen, der Gläser, der Glyptik, des Fürstenberger Porzellans der Fayencen und der Wedgwoodkeramik. Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die Sammlung des Fürstenberger Porzellans und des Porzellans anderer Manufakturen, der Fayencen, des Steinzeugs und der Gläser systematisch erweitert. Der herausragende Bestand an Spitzen wurde im 20. Jahrhundert für die Sammlung erworben.
Die umfangreiche Sammlung der italienischen Majolika wurde hauptsächlich von Herzog Anton Ulrich angelegt und in Schloss Salzdahlum in einem eigenen Kabinett präsentiert. Der Bestand wurde 1765 in das Herzogliche Kunst- und Naturalienkabinett im Braunschweiger Paulinerkloster überführt.
Die Sammlung vereint ausschließlich Werke des 16. Jahrhunderts und ist durch den barocken Geschmack geprägt. So beinhaltet sie hauptsächlich Stücke mit erzählerischen Darstellungen (so genannte Istoriato-Malerei) aus dem Mythos und der antiken Historie und unterscheidet sich in prägnanter Weise von einer nach kunsthistorischen Gesichtspunkten konzipierten Sammlung. Auf diese Art und Weise dokumentiert sie die Vielfalt dieses Genres, während die Reichhaltigkeit der Majolikaproduktion von ihren Anfängen bis zum Historismus in den Hintergrund tritt.
Auch der Bestand an Limousiner Malermemail geht auf Herzog Anton Ulrich zurück und war in Schloss Salzdahlum in einem eigenen kleinen Kabinett ausgestellt. Zusammen mit der Majolika-Sammlung wurde sie 1765 in das Kunst- und Naturalienkabinett in Braunschweig überführt. Mit heute rund 230 Objekten gehört die Sammlung der Maleremails weltweit zu den umfangreichsten.
Die Sammlung des Herzog Anton Ulrich-Museums bietet einen Überblick über die Entwicklung der hochwertigen Produktion der in Limoges ansässigen Emailwerkstätten, die im 15. und 16. Jahrhundert von den französischen Königen privilegiert waren. In der Braunschweiger Sammlung sind Stücke aller bedeutenden Emailleure vertreten. So auch mehrere herausragende Werke des Pierre Courteys (ca. 1520–ca. 1586), der zu den bekanntesten Limousiner Emailleuren der Renaissance zählt. Ein besonders eindrucksvolles Stück stellt hierbei eine Fußschale mit Deckel dar, die mit Neptun und Meereswesen verziert ist.
Die heute etwa 440 Objekte umfassende Sammlung der Kostbarkeiten ist seit 1754 als Museumssammlung nachweisbar.
Dieser Bestand geht auf die Sammlung der „Preziosen und allerley andere Kunstsachen" zurück, die bei der Gründung des Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinetts von Herzog Carl I. als neue Einheit zusammengestellt wurde. Neben kostbaren Einzelstücken bilden die unterschiedlichsten Erzeugnisse des Kunsthandwerks sowie die Goldschmiede-, Silberschmiede- und Steinschnittarbeiten den Kern der Sammlung.
Der einst umfangreiche Bestand an Silbergerät und Schatzkunst diente vor allem der fürstlichen Repräsentation und war zugleich eine bedeutende Wertanlage. Im 18. Jahrhundert griff man zur Tilgung von Schulden auf diese Reserven zurück. Eine bemerkenswerte Anzahl bedeutsamer Kostbarkeiten sind jedoch noch immer erhalten. Hervorzuheben sind die herausragende Stahlkassette des Hugenotten Pierre Fromery (1659–1738) sowie eine blau emaillierte Schale mit Deckel und Untersschale, die mit Medaillons aus Elfenbein geschmückt ist. Diese zeigen die Porträts von König Friedrich V. von Dänemark und seinen Vorfahren.
Die frühen Erzeugnisse der herzoglich-braunschweigischen Manufaktur, die 1747 von Herzog Carl I. gegründet wurde, bilden den Schwerpunkt der Braunschweiger Sammlung.
Der Bestand beinhaltet künstlerisch herausragende Erzeugnisse der Manufaktur Fürstenberg von der frühen Zeit bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und dokumentiert somit auf exemplarische Weise die Produktionsentwicklung vom Spätbarock bis zum Spätklassizismus.
Die Sammlung zeichnet sich durch eine Vielzahl seltener bzw. unikater Stücke aus. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die kleinformatigen Biskuitbüsten mit Ausformungen von Köpfen nach antiken und zeitgenössischen Vorlagen, die aus dem herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinett stammen. Darüber hinaus ist der Bestand an frühen Arbeiten, das von Pascha Johann Friedrich Weitsch (1723–1803) mit braunschweigischen Landschaften bemalte Service sowie die umfangreiche Kollektion der Vasen zu erwähnen.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird die Sammlung systematisch ausgebaut und ist inzwischen mit 1.400 Objekten die zahlenmäßig größte Einzelsammlung der Abteilung Angewandte Kunst und zugleich die weltweit größte.
Die etwa 250 „Nichtfürstenberger Porzellane" bilden eine Zusammenstellung von Geschirren und Figuren aus unterschiedlichen europäischen Manufakturen des 18. und 19. Jahrhunderts.
Eines der bedeutendsten Werke der Abteilung Angewandte Kunst ist das aus den herzoglichen Sammlungen stammende Gefäß aus Medici-Porzellan. Es entstand um 1575/80 in den Werkstätten des Großherzog Francesco I. de' Medici (1574–1587), wo man zu dieser Zeit das ehrgeizige Ziel verfolgte, eine dem chinesischen Porzellan ebenbürtige Töpferware herzustellen. Die dabei erzielten Ergebnisse unterscheiden sich allerdings deutlich vom Porzellan, denn sie enthalten einen relativ großen Anteil an glashaltigen Substanzen. Das Braunschweiger Gefäß ragt unter den heute rund 60 noch erhaltenen Stücken der Medici-Porzellane besonders heraus, weil es im Unterschied zu den allermeisten anderen mehrfarbig bemalt ist. Ein vergleichbares Exemplar besitzen lediglich das British Museum und ein Privatsammler. In der umlaufend auf dem Gefäßkörper dargestellten Landschaft erscheint ein kastellartiges Gebäude, das an die Engelsburg in Rom erinnert. Das Gefäß hatte ursprünglich die Form einer Vase. Nachdem die Enden der Henkel abgebrochen waren, gestaltete man es zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch das Anbringen der vergoldeten Silberapplikationen zu einer Gießkanne um. Sie dokumentieren die von Anfang an bestehende große Wertschätzung des Gefäßes.
Die Sammlung der Wedgwood-Keramik umfasst um die 95 Objekte und ist seit 1775 als Museumssammlung nachgewiesen.
Etwa ein Drittel des Bestandes, drei Vasensätze und zwei Reliefs, wurden von Herzog Carl I. für das Kunst- und Naturalienkabinett erworben. Fast alle übrigen Stücke, meist Geschirre, gelangten als Schenkungen in die Sammlung.
Die von Herzog Carl I. für das Kunst- und Naturalienkabinett erworbenen Wedgwood-Vasen dienten als Formvorlagen für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Zusammen mit dem entsprechenden Bestand der Sammlung des Fürstenberger Porzellans vertritt die Sammlung maßgeblich die Klassizistische Epoche der Kunstgeschichte in der Dauerausstellung des Herzog Anton Ulrich-Museums.
Vor dem Hintergrund der Kunstgewerbebewegung um 1870 wurde mit dem Aufbau der Sammlung begonnen, allerdings bereits 1906 wieder eingestellt. Ein Teil der Sammlung wurde an das Städtische Museum abgegeben.
Die Sammlung, die etwa 100 Stücke umfasst, wurde um 1880 im Sinne der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten Kunstgewerbebewegung angelegt.
Der Bestand bietet einen Überblick über die wichtigsten Zentren der deutschen Steinzeugproduktion. Innerhalb der Großabteilung Europäische Keramik schließt die Sammlung, deren Stücke hauptsächlich aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert stammen, die Lücke zwischen der italienischen Majolik und dem Porzellan.
Zwar ist die Glassammlung als eigenständige Sammlung erst um 1880 entstanden, umfasst in ihren etwa 130 Einzelwerken aber auch Gläser aus dem Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinett.
Abgesehen von einigen wenigen Stücken geht die Sammlung der neuzeitlichen Gläser auf Erwerbungen und Nachlässe aus dem letzten Viertel des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück.
Der Schwerpunkt der Glassammlung liegt auf der deutschen Hohlglasproduktion des 18. Jahrhunderts. Besonders erwähnenswert ist der 76,5 cm hohe, mit einem Bildnis des Herzogs Ludwig Rudolph (1671–1735) versehene Riesen-Deckelpokal. Hinsichtlich ihres künstlerischen Niveaus kann sich die Sammlung der Gläser durchaus mit den anderen, von den Herzögen erworbenen Sammlungen des Herzog Anton Ulrich-Museums messen.
Die kleine, etwa 35 Stücke umfassende Sammlungsabteilung Keramik wurde in jüngerer Zeit eingerichtet, um den kleinen Bestand der unglasierten Tonwaren erfassen zu können.
Die erhaltenen Stücke, hauptsächlich Tierhatzszenen und chinoise Figuren aus dem 17. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, sind kunsthistorisch bedeutend. In diese Sammlung aufgenommen wurde auch eine außerordentlich wertvolle Figur aus Böttgersteinzeug, die den Beginn der europäischen Porzellanproduktion markiert.
Die Sammlung historischer Möbel umfasst etwa 250 Einzelstücke und kann ab 1765 als Museumssammlung betrachtet werden.
Zu dem Kernbestand der Möbel gehören hauptsächlich Kabinette aus der Zeit vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, die zur Aufbewahrung und zur Präsentation von Sammlungsobjekten angefertigt wurden.
Der Bestand umfasst jedoch nicht nur herkömmliche Kunstmöbel, sondern auch einige sehr kostbare Kleinmöbel, die nur in Vitrinen präsentiert werden können.
Einen Sonderbestand der Sammlung bilden neben ca. 150 barocken Konsolen, die ehemals der Ausstattung verschiedener Porzellankabinette dienten, einige barocke Podeste für großformatige Kunstwerke. Seit jüngerer Zeit werden nach und nach auch die vor Ort erhaltenen ehemaligen Ausstattungsmöbel des Museums aus dem 19. Jahrhundert in die Sammlung aufgenommen.
Die mit 24 Werken eher kleine Uhrensammlung, seit 1765 als Museumssammlung nachweisbar, zeichnet sich durch eine Reihe künstlerisch herausragender Einzelobjekte aus.
Trotz seines geringen Umfangs findet die Sammlung sowohl beim Fach- wie auch beim Laienpublikum große Beachtung.
Die Uhren stammen zum größten Teil aus herzoglichem Besitz und sind als solche Überreste der ehemals sehr umfangreichen mathematisch-physikalischen Sammlung. Deren Kernbestand ging im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in den Besitz des Collegium Carolinums über und löste sich dort in der Folgezeit vollständig auf. Bei einem zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorgenommenen Ringtausch zwischen den Braunschweiger Museen wurden zwei um 1600 gefertigte Astrolabien an das Braunschweigische Landesmuseum abgegeben. Zu den bedeutendsten Stücken der heutigen Sammlung gehören die in Braunschweig gefertigte Kugellaufuhr, die Spiegeluhr, die Uhr auf der schiefen Ebene sowie die Weckeruhr mit Zündmechanismus.
Die mit 12 Objekten ebenfalls kleine Waffensammlung wurde erst 1850 als Museumssammlung eingerichtet.
Die Waffensammlung beinhaltet hauptsächlich wertvolle, künstlerisch gestaltete Prunkwaffen, die der fürstlichen Repräsentation dienten.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war in der Abteilung der so genannten Geschichtlichen Merkwürdigkeiten eine ansehnliche Anzahl von Waffen vorhanden und auch ausgestellt. Diese wurden im Zuge des Ringtauschs (siehe unter Beitrag Uhren) 1904 fast vollständig vom Braunschweigischen Landesmuseum übernommen. Die zwei erst 1898/99 erworbenen, außerordentlich wertvollen Prunkwaffen, die Radschlossbüchse des Herzogs Julius (1528–1589) und die Armbrust des Herzogs Heinrich Julius (1564–1613), blieben davon ausgenommen.
Etwa 500 Objekte zählt die Sammlung der Textilien und Spitzen. Sie setzt sich im Wesentlichen zusammen aus etwa 80 mittelalterlichen Stücken (siehe Mittelaltersammlung), und ca. 410 Spitzen, die 1942 angekauft werden konnten.
Bei den in der ersten Häfte des 20. Jahrhunderts angekauften Spitzen handelt es sich um italienische, französische und belgische Arbeiten aus Renaissance und Barock, die von der Braunschweiger Verlegergattin Helene Vieweg-Brockhaus im 19. Jahrhundert zusammengetragen worden waren. Diese außerordentlich hochrangige Sammlung zeichnet sich durch technische Vielfalt und durch das Vorhandensein von großen, unzerschnittenen Rapporten aus.
E-Mail m.minning@3landesmuseen.de
Telefon 0531 1225-2407
Fax 0531 1225-2408
Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstr. 1
38100 Braunschweig
E-Mail bildarchiv.haum@lists.3landesmuseen.de
Telefon 0531 1225-2401
Fax 0531 1225-2408
Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstr. 1
38100 Braunschweig