Grandios!

Die Silbermöbel der Welfen

Dauerausstellung

Das Herzog Anton Ulrich-Museum präsentiert in einer Dauerausstellung die kostbaren Silbermöbel der Welfen, die als langfristige Leihgabe 2019 von der Marienburg nach Braunschweig übersiedelten.

Bitte beachten: 
Die Silbermöbel sind vom 09. April bis einschließlich 24. April 2024 nicht zugänglich. Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Die Objekte sind in verschiedenen Werkstätten der besten Augsburger Gold- und Silberschmiede in zwei Etappen zwischen etwa 1725 und 1730 hergestellt worden. Beschäftigt waren Künstler der berühmten Goldschmiededynastien Biller und Drentwett. Die schon in ihrer Zeit als „königliche“ Stücke gefeierten Silbermöbel repräsentieren einen kaum je wieder erreichten Stand gestalterischen Könnens in der Silberverarbeitung. Das Ensemble nimmt unter den wenigen erhaltenen Werken dieser Art einen international herausragenden Platz ein.

Die Auftraggeber der silbernen Schmuckstücke

In Auftrag gegeben wurden die ersten acht Silbermöbel – die beiden Prunkspiegel, zwei Tische und vier Guéridons (Beistell- bzw. Kerzentische) – von dem in Wien residierenden Prinz Maximilian Wilhelm von Hannover (1666–1726), dem jüngeren Bruder König Georgs I.

Prinz Maximilian Wilhelm lebte als kaiserlicher General in Wien und war zum katholischen Glauben übergetreten. Umso mehr lag ihm an dem Verweis auf seine Herkunft aus der ältesten Dynastie Europas. Daher sind die Möbel mit zahlreichen heraldischen Symbolen der Welfen versehen: hierzu zählen die Löwen (Lüneburg) und Leoparden (Braunschweig) als Wappensymbole genauso wie die in großartiger Weise vollplastisch gestalteten Welfenrösser an den Tischgestellen und Spiegelbekrönungen. Mit diesen aufsehenerregenden Werken wollte der Prinz in der Fremde mit künstlerischen Höchstleistungen seinen eigenen wie den Anspruch seiner Familie nachhaltig legitimieren.

Lange konnte sich Prinz Maximilian Wilhelm allerdings nicht an den kostbaren Stücken erfreuen. Er starb schon 1726, kurz nach Fertigstellung. Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Wolfenbüttel (1662–1731) erwarb die Silbermöbel unmittelbar nach dem Tod seines Verwandten und ließ sie nach Braunschweig bringen, wo sie im sogenannten Grauen Hof, der im Bau befindlichen Stadtresidenz des Fürsten, untergebracht wurden. Den Armlehnstuhl sowie die vier weiteren Stühle gab er in Ergänzung des Ensembles in Auftrag. Sie wurden für den Herzog ebenfalls in Augsburg, in der Werkstatt Philipp Jakob Drentwetts, gefertigt. Die alte Fernhandelsstadt Augsburg war im 17. und 18. Jahrhundert das internationale Zentrum der Silberverarbeitung.
Auch August Wilhelm jedoch blieb nur wenig Zeit mit den nun 15 Möbelstücken, er starb 1731. Und die Reise des Silber-Ensembles quer durch Europa setzte sich fort…

Die abenteuerliche Reise der Silbermöbel

Weil August Wilhelm seinem Nachfolger hohe Schulden hinterließ, verkaufte dieser die Silbermöbel unmittelbar an die rivalisierende kurfürstlich-königliche Welfenlinie in Hannover. König Georg II. (1683–1760) machte den Besitzübergang des herausragenden Ensembles deutlich, indem er sein Monogramm an den Lehnstühlen anbringen ließ. Die Möbel wurden in Georgs kurfürstlicher Residenz aufgestellt, dem Leineschloss in Hannover. Dort bildeten sie den Höhepunkt in der höfischen Repräsentation eines der bedeutendsten europäischen Adelsgeschlechter.

1803 wurden die Möbel mit dem gesamten Silberbestand des Leineschloss vor den anrückenden französischen Truppen nach England in Sicherheit gebracht. Dort waren sie zumindest zeitweise Teil der Ausstattung von Windsor Castle. König Georg IV. ließ die Silbermöbel wieder nach Hannover bringen, als er dort mit dem klassizistischen Umbau des Leineschlosses begann. Doch als das Königreich Hannover 1866 von Preußen annektiert wurde, nahm König Georg V. die Möbel mit in das österreichische Exil. Ende des 19. Jahrhunderts gehörten sie dem Herzog von Cumberland, wie der frühere Kronprinz Ernst August von Hannover (1845–1923) nun genannt wurde. Sie standen in dessen Palais in Wien und somit wieder dort, wo ihre „Reise“ einst begonnen hatte.

1933/34 verlegte der letzte Herzog von Braunschweig seinen Wohnsitz von Österreich nach Schloss Blankenburg im Harz. Damit fanden die Silbermöbel zum zweiten Mal den Weg ins Braunschweiger Land, bis sie 1945 von der britischen Besatzungsmacht nach Schloss Marienburg gebracht wurden. 1952 waren die Möbel im Victoria and Albert Museum in London zu sehen, wurden 1955 vorübergehend Teil der Ausstellung im Fürstenhaus Herrenhausen, um später erneut auf die Marienburg zurückzukehren.

Jetzt „gastieren“ die Silbermöbel zum dritten Mal in drei Jahrhunderten im alten Land Braunschweig. Sie werden nach Schloss Marienburg zurückkehren, sobald sie nach der Sanierung dort angemessen präsentiert werden können.

  • Minister für Wissenschaft Kultur Björn Thümler

    »Das Herzog Anton Ulrich-Museum ist ein ‚natürliches Zuhause‘ für die einzigartigen Silbermöbel der Welfen, bis auf Schloss Marienburg geeignete Ausstellungsräume für sie geschaffen sein werden. Ernst August Erbprinz von Hannover leistet mit dieser langfristigen Leihgabe an das Land einen weiteren wichtigen Beitrag zur Sicherung des welfischen Kulturerbes für die Öffentlichkeit.«

Ein einzigartiges Ensemble: Das Huldigungssilber der Welfen

Inmitten der Silbermöbel-Ausstellung präsentiert das Museum die drei silbervergoldeten Huldigungsgeschenke, die 2009 aus der Sammlung Yves Saint Laurent und Pierre Bergé für das Land Niedersachsen angekauft wurden. Die Pokale zählten bis 1705 zum Bestand der Silberkammer im Celler Residenzschloss. Nachdem die Objekte dort für die letzten drei Jahre ausgestellt waren, werden sie nun ebenfalls für diese Dauer im Herzog Anton Ulrich-Museum zu sehen sein.

Das Herzog Anton Ulrich-Museum zeigt den sogenannten „Tischbrunnen des Amtes Bodenteich“, den der Hamburger Meister Evert Kettwyck zwischen 1728 und 1643 geschaffen hat, sowie den hochbedeutenden vierfachen „Traubenpokal aus Osterode“ von Christoph Uder. Beide Präsente erhielt Herzog Christian Ludwig, der ab 1648 in Celle über das Teilfürstentum Lüneburg regierte. Der reich verzierte „Buckelpokal“ aus Lüneburg, dem der dort ansässige Goldschmied Nicolas Siemens fertigte, wurde dem nachfolgenden Herzog Georg Wilhelm verehrt, der 1665 die Regierung antrat.

Mit dem Regierungsantritt eines Fürsten verband sich als Rechtsakt die Huldigung, also die eidliche Verpflichtung der Untertanen gegenüber ihrem Herrn, der im Zuge dieser Handlung auch ihnen gegenüber die Aufrechterhaltung ihrer Privilegien und Rechte zusicherte. Maßgebliches Element der Huldigung war die Beschenkung des Fürsten.

Wie die im Herzog Anton Ulrich-Museum bereits ausgestellten „Silbermöbel der Welfen“ gehörten die drei Pokale seit 1705 zum Silberbestand des Hauses Hannover, wurden aber bereits im 19. Jahrhundert ins Ausland verbracht und schließlich veräußert. Von den 15 Huldigungspräsenten, die 2009 auf einer spektakulären Auktion in Paris verkauft wurden, konnten die drei genannten Hauptstücke in einer großen Kraftanstrengung für Niedersachsen gesichert werden. Für einen Erwerb bei der Auktion setzte sich das Land Niedersachsen in Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung der Länder ein. Als Förderer konnten die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Stiftung Niedersachsen, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die Stadt Celle, die Rudolf August Oetker Stiftung, die VGH-Stiftung und Frau Lieselotte Tansey, Celle, gewonnen werden.

Kontakt

Dr. Martina Minning

Leitung Angewandte Kunst

E-Mail m.minning@3landesmuseen.de
Telefon 0531 1225 - 2407
Fax 0531 1225 - 2408

Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstr. 1
38100 Braunschweig