1913 - Herrlich moderne Zeiten?

Dieser Frage widmet sich die neue Sonderausstellung

Ab dem 25. Mai lässt das Braunschweigische Landesmuseum in der Ausstellung „1913 - Herrlich moderne Zeiten?“ den ereignisreichen Beginn des 20. Jahrhunderts wieder aufleben.

Rund 150 Exponate beleuchten nicht nur das neue Kapitel in der Familiengeschichte der Welfen und Hohenzollern, das mit der Vermählung von Kaisertochter Viktoria Luise und Ernst August Herzog zu Braunschweig und Wolfenbüttel aufgeschlagen wurde, sondern darüber hinaus die gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Situation im damaligen Herzogtum Braunschweig sowie im Deutschen Kaiserreich.

Die Ausstellung zeichnet nach, wie das traditionelle Selbstverständnis der neuen Monarchen auf eine Gesellschaft traf, die von Entwicklungen und Ideen geprägt wurde, die der wieder auflebenden Monarchie kaum konträrer gegenüber stehen konnten. „Die gesellschaftlichen und politischen Pole, zwischen denen die Menschen damals schwankten, drücken sich in unserer Ausstellung an vier Objekten exemplarisch aus: auf der einen Seite das Diadem, das die Braunschweiger der neuen Herzogin Viktoria Luise zur Hochzeit schenkten, auf der anderen ein Koffer von August Bebel sowie ein knallroter Badeanzug, der für das neue Freizeitvergnügen steht und dem ein Korsett gegenübergestellt ist, das immer noch in Mode war“, resümiert Ausstellungskurator Dr. Maik Ohnezeit. „Durch eine historisch-kritische Analyse der Zeit möchten wir den Besucher ermutigen, nach dem Rundgang eine individuelle Antwort auf die Frage zu finden, wie sich die traditionelle Monarchie mit der immer weiter fortschreitenden Modernisierung von Industrie und Gesellschaft vertrugen.“ Auch der technische Fortschritt kommt in der Ausstellung nicht zu kurz – sorgten doch Erfindungen wie die Telegraphie, Automobile und Motorräder für eine Beschleunigung der Lebensweise, die die Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellte. „Es zeigt sich, dass die Moderne nicht wie ein Phönix aus der Asche nach dem ersten Weltkrieg aufstieg, sondern sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit enormen Schritten entwickelte. Bereits hier wurde der Grundstein für das Medienzeitalter und die Freizeitgesellschaft gelegt. Enorme Fortschritte in den Bereichen Mobilität, Elektrizität sowie in Medizin und Technik erhöhten die Lebensqualität“, erzählt Museumsdirektorin Dr. Heike Pöppelmann.

Eigens für die Ausstellung hat das Museum einen atmosphärischen Kinosaal mit Originalobjekten eingerichtet, in dem eine lange vergessene zeitgenössische Fassung des „Hauptmann von Köpenick“ aus dem Jahr 1906 gezeigt wird. 1906 verhaftete der Schuhmachergeselle Friedrich Wilhelm Voigt als Hauptmann verkleidet in Köpenick den Bürgermeister und raubte die Stadtkasse. Der Film, der nur wenige Monate nach den tatsächlichen Ereignissen in Hannover gedreht und in den deutschen Kinos gespielt wurde, zeigt Wilhelm Voigt höchstpersönlich im Abspann und spiegelt das große Interesse der Bevölkerung wider, in der das Militär hohes Ansehen genoss und in der militärische Wertvorstellungen verbreitet waren.
Zudem steht das Stück bewegte Geschichte mit seiner modernen Erzählstruktur stellvertretend für das Kino, das sich Anfang des 20. Jahrhunderts als ein neues Freizeitvergnügen entwickelte, dem man sich dank der geregelten Arbeitszeiten in den Fabriken und Büros nun widmen konnte. Das Landesmuseum entwirft mit der Zusammenstellung der Exponate, wie beispielsweise dem roten Badeanzug und dem himbeerfarbenen Frotteekleid Viktoria Luises ein, im wahrsten Sinne des Wortes „buntes“ Bild einer Zeit, die bisher oft als Schwarz-Weiß-Aufnahme wahrgenommen wurde.