Sonderschau „Dressed for Success“ präsentiert ab 8. Mai das Modetagebuch und die Zeit des Buchhalters Matthäus Schwarz
Dass sein privates Interesse an Mode dazu führen würde, dass er mehr als 450 Jahre nach seinem Tod im Zentrum einer großen Sonderausstellung in einem der renommiertesten Kunstmuseen Deutschlands stehen würde, hätte er sich bestimmt nicht träumen lassen. Doch das Modetagebuch von Matthäus Schwarz aus Augsburg, seines Zeichens Hauptbuchhalter der einflussreichen Familie Fugger, ist eine so einzigartige Quelle für die Männer-Mode der Renaissance, dass das Herzog Anton Ulrich-Museum als Besitzer dieses klaidungsbuechlins es vom 8. Mai bis zum 4. August 2019 aufwändig inszeniert einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Die Ausstellung „Dressed for Success“ nimmt das Publikum anhand des klaidungsbuechlins und hochkarätiger Leihgaben aus Paris, London, Kopenhagen, Mailand oder von der Harvard University in Cambridge mit auf eine Reise von Augsburg bis nach Venedig und durch die bewegte Epoche der Reformation und des frühen Welthandels.
Matthäus Schwarz begann sein Projekt klaidungsbuechlin 1520, im Alter von 23 Jahren, direkt nach seiner Anstellung als Buchhalter bei einer der reichsten Augsburger Familien des 16. Jahrhunderts: den Fuggern. Über 40 Jahre hinweg ließ Schwarz fortan detailliert die von ihm beauftragten Kleidungsstücke und Accessoires dokumentieren, in Form von farbigen Miniaturen auf ca. 16 x 10 cm großen Seiten. Das klaidungsbuechlin enthält auf über 130 Seiten nicht nur die oft äußerst ausgefallenen Kleidungsstücke, sondern gewährt mit Kommentaren Einblick in das Zeitgeschehen, und zwar auf höchster Ebene. Denn auch wenn Schwarz selbst nicht zum Patriziat der Stadt Augsburg gehörte, saß er als Hauptbuchhalter der Fugger, die als Geldgeber für Kaiser und Papst die Weltgeschichte des 16. Jahrhunderts aktiv mitschrieben, im Zentrum der Macht. Ob Reichstage mit dem Kaiser, Society-Hochzeiten oder die Verteidigung Augsburgs im Schmalkaldischen Krieg – Matthäus Schwarz hatte immer das passende Outfit zur Hand. Aber auch persönliche Höhen und Tiefen ließ Schwarz nicht aus: seine Sturm-und-Drang-Zeit, in der er bei Schlittenrennen so manches teure Gefährt in Trümmer zerlegte, oder seine lange erfolglose Brautwerbung, die erst im Alter von 41 Jahren zu einer Ehe führte, wurden genauso dokumentiert (und zum Teil selbstironisch kommentiert) wie ein Schlaganfall, der ihn 22 Wochen ans Bett fesselte.
Sein klaidungsbuechlin endet mit dem Outfit, das Schwarz – nun sichtbare 63 Jahre alt – am 16. September 1560 zur Beerdigung von Anton Fugger trug. Schwarz stirbt zwar erst 1574, hat das Interesse an seinem Projekt aber verloren. Der Versuch, seinen Sohn Veit Konrad Schwarz zu einer Fortführung zu animieren, mündet in ein halbherziges Buch-Projekt mit nur ca. 38 Zeichnungen.
Herzstück der Sonderausstellung ist das klaidungsbuechlin selbst, dem ein ganzer Ausstellungsraum gewidmet wird: Da die im Original nur ca. 16 x 10 cm große Pergamenthandschrift sehr fragil ist und jeweils nur eine Doppelseite präsentiert werden kann, wurden alle Seiten des Buches fotografiert und können in Form eines Leucht-Leporellos betrachtet werden. Der Chronologie des klaidungsbuechlins folgend, zeichnet die Ausstellung in zwei weiteren Sälen ein lebendiges Bild des bewegten 16. Jahrhunderts.
Auch ein Blick in die Gegenwart wird gewährt: Die Sonderausstellung schließt mit einem Blick auf die Rezeption des Modetagebuchs in der kostümhistorischen Forschung und im Werk der zeitgenössischen Fotografin Maisie Broadhead. Abschließend hat der Besucher die Möglichkeit, selbst ein Teil dieses modehistorischen Zeugnisses zu werden, und kann sich in einer Selfiebox in eine Doppelseite des Buches neben Matthäus Schwarz höchstpersönlich einfügen lassen.