Zuschreibung zweier Rembrandt-Bildnisse bestätigt

Forschergruppe „Rembrandt Research Project“ votiert in aktueller Publikation für die Zuschreibung des Bildnis eines Herrn (1632) sowie des Bildnisses einer Dame (1633) als eigenhändige Werke des Rembrandt Harmensz. van Rijn

Die niederländische Forschungsgruppe „Rembrandt Research Project“ (RRP) um Ernst van de Wetering hat es sich seit 1968 zur Aufgabe gemacht, das komplette malerische Werk des bekannten niederländischen Künstlers Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606-1669) einer kritischen Analyse zu unterziehen. Im abschließenden sechsten Band des Rembrandt-Corpus korrigiert die Forschergruppe die Anzahl der als von Rembrandt persönlich gemalten Bilder auf insgesamt 340. Damit erhöht sich das Werk des holländischen Alten Meisters um 70 Gemälde, die in Museen und Sammlungen rund um den Globus verteilt sind. Auch zwei Porträts aus den Sammlungen des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig werden von der Forschergruppe nun ebenfalls als eigenhändige Rembrandt-Werke anerkannt: das „Bildnis eines Herrn“ (1632) und das „Bildnis einer Dame“ (1633). Im zweiten Band des Rembrandt-Corpus aus dem Jahr 1986 hatten die Forscher bestritten, dass Rembrandt selbst die Gemälde geschaffen hatte. Das Herzog Anton Ulrich-Museum konnte diese Beurteilung der niederländischen Forscher nie nachvollziehen. Beide Kunstwerke wurden sowohl in der Gemäldegalerie als auch aktuell in der Sonderausstellung „Epochal“ in der Burg Dankwarderode weiterhin als Porträts aus der Hand Rembrandts präsentiert.

„Natürlich setzt sich das Museum immer gründlich mit Zweifeln auseinander, die aus berufenem Munde kommen“, erklärt Frau Dr. Silke Gatenbröcker, Leiterin der Gemäldegalerie. „Aber schlussendlich gelangten wir im Fall der beiden Porträts doch immer wieder zu der Überzeugung, dass die Qualität unseren Erwartungen an eigenhändige Werke Rembrandts entspricht.“

Die beiden Porträts sind seit mindestens 1710 in der Gemäldesammlung Herzog Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel nachweisbar und wurden in den Inventaren stets als Rembrandt-Werke geführt. Auch das erste Werkverzeichnis sämtlicher Rembrandt-Gemälde, das im Jahr 1939 in Wien von Abraham Bredius veröffentlicht wurde, führte die Braunschweiger Porträts auf. Erst mit Horst Gersons Revision des Rembrandt-Oeuvres, veröffentlicht im Jahr 1969, wurden die Werke abgeschrieben. Während Gerson im Herrenbildnis noch Anteile von Eigenhändigkeit zu erkennen glaubte, hielt er insbesondere das Damenbildnis für „zu schlecht, um als Rembrandt gelten zu können“ (Original-Zitat). Die sorgsame, „email-artige“ (Original-Zitat) Ausführung der Bilder schien nicht zum Charakter von Rembrandt zu passen. Im Jahr 1986 schloss sich das RRP dieser Sichtweise an und lehnte nun auch das Herrenbildnis vollständig ab, weil beide Gemälde nachweisbar von einer Hand stammen mussten. Dies hatten nun verfügbare neue Untersuchungsmethoden – Röntgen- und Infrarotuntersuchungen – ergeben.
„Letztlich haben aber auch 1986 noch, trotz neuester naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden, vornehmlich stilkritische Analysen den Ausschlag für die Abschreibung gegeben“, erklärt Frau Dr. Gatenbröcker. Vermisst wurde vor allem eine stärkere Expressivität und ein mehr formbildender Charakter in der Pinselführung. Die Bilder erschienen als zu sorgfältig ausgeführt. „Insbesondere mit dem Vorwurf, es mangele den Braunschweiger Porträts an Rhythmus und Ausgewogenheit in der Komposition, wurde man unserer Meinung nach den Werken nicht gerecht“, führt Frau Dr. Gatenbröcker aus. „Die sprechende Lebendigkeit und Ausdrucksstärke der Porträtierten entspricht Rembrandts persönlichem künstlerischem Motto: Kunst muss bewegen!“

Schon 1986 hatte jedoch das RRP einige Schwächen in ihrer Argumentationskette eingeräumt. Schlussendlich führte das Ernst van de Wetering in seiner nunmehr veröffentlichten Revision dazu, die Werke wieder als authentisch anzuerkennen. Van de Wetering hatte als Einziger aus der Forschergruppe bereits 1986 leise Zweifel an der negativen Beurteilung der Braunschweiger Werke geäußert. Hauptargument für das revidierte Urteil: Inzwischen hält man auch die feine, weiche Malweise für eine Variante in Rembrandts facettenreicher Maltechnik.