Niedersächsische Landesausstellung Saxones eröffnet

Ausstellung stellt neusten Wissensstand zur Geschichte dar

Vom 22. September 2019 bis zum 2. Februar 2020 zeigt das Braunschweigische Landesmuseum die gemeinsam mit dem Landesmuseum Hannover erarbeitete Niedersächsische Landesausstellung „Saxones.

Das erste Jahrtausend in Niedersachsen“. Die Ausstellung, die durch den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil als Schirmherrn am 21. September feierlich eröffnet wird, widmet sich der Geschichte des ersten Jahrtausends nach Christus im heutigen Raum Niedersachsen und Westfalen. Viele hochrangige Zeugnisse aus deutschen und internationalen Sammlungen werden hier erstmals zusammengeführt. Die Ausstellung präsentiert über 160 teils umfangreiche Ensembles archäologischer Funde und rund 60 prominente Einzelobjekte: edler Schmuck und Waffen aus Gräbern, einzigartige Handschriften und königliche Urkunden.

Die Ausstellung stellt neun Menschen des 1. Jahrtausends vor. Von den meisten ist ihr Name nicht überliefert, aber die archäologischen Grabfunde der Protagonisten ermöglichen dem Besucher nicht nur eine anschauliche Reise in die ferne Zeit, sondern lassen teilhaben am politischen Geschehen des 1. Jahrtausends. Der Illustrator Kelvin Wilson hat diese neun Persönlichkeiten anhand von in der Ausstellung präsentiertem archäologischem Fundmaterial und historischen Quellen zum Leben erweckt.
Wichtigste Botschaft der Schau: Der Mythos eines schon zu Römerzeiten oder gar noch früher existierenden „Stammes“ von Sachsen oder „Saxones“, von dem sich eine kontinuierliche Abstammungslinie bis hin zur Gegenwart ziehen lässt, ist eine Vorstellung des 19. Jahrhunderts. Als sich die deutschen Länder bzw. Fürstentümer als einheitlichen Staat, als eine Nation zu erfinden suchten, wurden die germanischen Stämme der Franken, Alemannen, Bajuwaren, Sachsen, Thüringer als historischen Beweis für Zugehörigkeit und Größe eines Landes herangezogen, das sich 1871 – für viele damals verspätet - als Staat bildete. Das wiederholte sich in ähnlicher Form 1946 bei der Gründung Niedersachsens. Der erste Ministerpräsident Hans Hinrich Kopf zog nun die alten Sachsen heran, um ein vermeintlich seit Jahrtausenden existierendes Zusammengehörigkeitsgefühl des neu gegründeten Bundeslandes aus den alten Ländern Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Hannover und Oldenburg zu beschwören.

Wer waren die alten Sachsen. Die schriftliche Überlieferung gibt uns keine eindeutige Antwort. Es gibt ganz unterschiedliche Vorstellungen von antiken und frühmittelalterlichen Autoren, wer Sachsen waren, was sie taten und wo sie lebten.
Fazit: Sachsen waren eigentlich immer die, die man dafür hielt. Fassbar wird eine sächsische Identität erst, als die Einwohnerschaft Nordwestdeutschlands nach fast 30 Jahre andauernden kriegerischen Auseinandersetzung mit Karl dem Großen im 9. Jahrhundert in das Frankenreich eingegliedert wird und ihre Oberschicht dort politische Ambitionen entwickelt.
Am Beispiel der Sachsen zeigt sich, dass Völker äußerst komplexe und instabile Gebilde sind. Identitäten sind immer soziale Konstrukte und entstanden auch damals – wie so oft – in der Abgrenzung nach außen.

Dass es kein „Stamm“ von Sachsen war, der das heutige Niedersachsen und angrenzende Westfalen vor dem 9. Jahrhundert n. Chr. bevölkerte, tut der Faszination der Geschichte dieses Siedlungsraumes jedoch keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Schaut man sich die Menschen und Akteure dieser Zeit an, findet man ein äußerst facettenreiches Panorama regionaler Vielfalt und europaweit agierende Netzwerke.
Schon vor über 1000 Jahren war der norddeutsche Raum ein Land der Regionen. Die Landesausstellung springt auf der Suche nach der Identität und den Strukturen der damaligen Bevölkerung anhand von Momentaufnahmen aus dem Leben von Frauen, Männern und Kindern zu neun verschiedenen Zeitpunkten in das erste Jahrtausend – und fragt genau nach: Was verraten der germanische Anführer aus dem 2. Jahrhundert, die Kinderbraut aus dem 6. Jahrhundert oder Hathumod, die Äbtissin des Stiftes Gandersheim aus dem 9. Jahrhundert, über die jeweilige Zeit?

Ein am Standort Braunschweig eingerichtetes Kindermuseum gibt auch dem jungen Publikum die Möglichkeit, auf Tuchfühlung mit den „Saxones“ zu gehen, an vielen Hands-on-Stationen sogar im wahrsten Sinne des Wortes.
Zur digitalen Vor- oder auch Nachbereitung sind seit Mitte August 2019 die „www.saxones-togo.de“ online, mit anschaulichen Bebilderungen und kurzen Zusammenfassungen des wichtigsten Geschehens im Land zwischen Harz und Nordsee. Den neuesten wissenschaftlichen Forschungsstand findet man in der Begleitpublikation zur Ausstellung, die für 28 € im Museumsshop erhältlich ist.