Elefantenreich - Eine Fossilwelt in Europa

Ab dem 6. Oktober 2012 im Naturhistorischen Museum

Das Naturhistorische Museum präsentiert seine aktuelle Sonderausstellung und entführt seine Besucher in eine längst vergangene Zeit als mitten in Europa neben Hirschen, Schwänen und Füchsen, noch Hyänen, Nashörner und Elefanten lebten.

Im Rahmen der Ausstellung werden die international sehr bedeutsamen Fossilien der Fundstelle Neumark-Nord (Geiseltal, Sachsen Anhalt). Im Mittelpunkt stehen die heute ausgestorbenen Eurasischen Altelefanten (Elephas antiquus), die mit einer Schulterhöhe von bis zu 4 m und etwa 10 Tonnen Lebendgewicht um ein Drittel größer als ihre heutigen Verwandten waren. Damit zählen sie zu den größten Rüsseltieren, die jemals auf der Erde lebten.

Neumark – Nord ist weltweit die größte bekannte Fundstelle des Eurasischen Alteltelefanten: Anhand von über 1.350 Elefantenknochen ließen sich annähernd 70 Individuen bestimmen. Diese starben vor ca. 200.000 Jahren an einem See, der später verlandete. Ihre Skelette wurden schnell von Sedimenten bedeckt und außergewöhnlich gut konserviert. Erst 1985 kamen sie wieder ans Tageslicht, als im Braunkohle-Tagebau des Geiseltals (Sachsen-Anhalt) ein Schaufelradbagger den fossilen See anschnitt. Paläontologen retteten im Wettlauf mit dem Bagger die 200.000 Jahre alten Fossilien vor ihrer Zerstörung.

In den fossilen Ablagerungen blieben nicht nur einzelne Knochen erhalten, sondern große Teile des Seebiotops, das während einer Warmzeit des Eiszeitalters existierte. Die Vielfalt, der Erhaltungszustand der Funde und die große Anzahl an überlieferten Pflanzen- und Tierarten erlauben es, die klimatischen Bedingungen und das Landschaftsbild vor fast 200.000 Jahren zu rekonstruieren. Die Ausstellung ermöglicht anhand der originalen Funde einen spannenden Einblick in eine Zeit, in der vor unserer Haustür ein ähnliches Klima wie in der heutigen Ukraine herrschte. Über 900 Exponate auf einer Ausstellungsfläche von 1100 qm lassen diese Welt auferstehen. Dem Besucher begegnen bekannte Pflanzen und Tiere neben längst ausgestorbenen exotischen Arten. Höhepunkt der Sonderausstellung sind zahlreiche Originalknochen und die naturgetreue Rekonstruktion eines Altelefantenbullen, der mit 3,80 m Rückenhöhe ein beeindruckendes Bild seiner Art zeichnet. Ein Bereich widmet sich ganz der Anatomie und der Evolution der Elefanten, die Funde von über 30 Millionen Jahre alten Rüsseltiere veranschaulichen.

Die Tierwelt, die den Lebensraum der Eurasischen Altelefanten bestimmte, war unter anderem von drei Nashornarten (dem Wald-, Steppen- und Wollnashorn), von Damhirschen, Auerochsen und Wildpferden bevölkert. Zudem kamen beispielsweise auch Auerochse und Wildpferd vor. Bären, Höhlenhyänen und Höhlenlöwen konnten als Raubtiere nachgewiesen werden. Neben diesen Tieren, die man heute nicht mehr in Europa erwartet, bevölkerten aber auch schon Fuchs, Dachs, verschiedene Mäuse, Gänse, Schwäne und Enten den See und seine Umgebung. Paläontologische Funde und Tierpräparate aus unserer Zeit lassen Flora und Fauna vor rund 200.000 Jahren aufleben.

Neben den vielfältigen Pflanzen- und Tierarten fand auch der frühe Mensch seinen Lebensraum an diesem See. Ein Vorfahre des Neandertalers ging in diesem Biotop auf die Jagd und hinterließ dabei unzählige Steingeräte, Schlachtmesser und Skelettreste von erlegten Tieren.
Die Lanze von Lehringen, die bei der Elefantenjagd benutzt wurde, und frühmenschliche Schädelreste aus Weimar-Ehringsdorf ergänzen den Einblick in vorzeitliche Jagdgewohnheiten und in die Lebensweise unserer Artgenossen.

Zuletzt stellt sich noch die Frage: Warum leben Elefanten und Nashörner nicht auch heute in Europa? Gab es klimatische Veränderungen? Oder hat bereits der frühe Mensch zur Ausrottung von Tierarten beigetragen? Fragen, die in der Forschung diskutiert und auch in der Ausstellung aufgegriffen werden.

Begleitend zur Sonderausstellung findet eine Vortragsreihe mit Fachvertretern unter anderem aus Zoologie und Paläontologie statt. Zusätzlich bietet die museumspädagogische Abteilung des Naturhistorischen Museums ein Begleitprogramm an. Nähere Informationen zu dem Begleitprogramm sind auf der Internetseite www.naturhistorisches-museum.de zu finden.

Die Sonderausstellung wurde konzipiert vom Landesmuseum für Vorgeschichte (Halle), die Braunschweiger Präsentation wird von der STIFTUNG NORD/LB — ÖFFENTLICHE gefördert.