Merci, Napoleon

Der Beginn einer deutsch-französischen Freundschaft

Sonderausstellung „Porcelaine royale. Napoleons Bedeutung für Sèvres und Fürstenberg“ ab 7. September im Herzog Anton Ulrich-Museum

Die zweite große Sonderausstellung nach der Neueröffnung des Herzog Anton Ulrich-Museums im Oktober 2016 führt zurück in die ereignisreiche Geschichte des Museums. Die Sonderschau „Porcelaine royale. Napoleons Bedeutung für Sèvres und Fürstenberg“ beleuchtet die Zeit, als Napoleons Beutezug durch Europa den Grundstein für einen künstlerischen und kulturellen Austausch zwischen Frankreich und Deutschland, genauer der Porzellanmanufakturen Sèvres und Fürstenberg, legte. Vom 7. September bis zum 10. Dezember erzählen kostbare Tafelgeschirre, edle Biskuitbüsten, Gemälde und Archivalien darüber hinaus davon, wie durch Napoleon der Bestand der Sèvres-Porzellansammlung des Herzog Anton Ulrich-Museums gelegt wurde.

Der Ursprung der engen Verbindung der Porzellanmanufakturen Fürstenberg und Sèvres liegt in der Regierungszeit Napoleons. Nach dessen Siegeszug durch Europa und Kaiserkrönung im Jahr 1804 fielen weite Teile Europas unter französische Herrschaft. Auch das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg stand unter französischer Militärbesetzung, wurde 1807 aufgelöst und ging in dem neugegründeten Königreich Westphalen auf. Dieses wurde von Napoleons jüngstem Bruder, Jérôme Bonaparte, in Kassel regiert.
Für ein geplantes Universalmuseum im Pariser Louvre ließ Napoléon zahlreiche Kunstwerke aus den besetzten Gebieten beschlagnahmen. Auch aus der Porzellanmanufaktur Fürstenberg wurden umfangreiche Bestände requiriert, Produktions- und Materialproben zusammengestellt und dem Direktor der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur Sèvres bei Paris, Alexandre Brongniart, übermittelt. Dies sollte der Beginn einer intensiven Beziehung der beiden Manufakturen Fürstenberg und Sèvres werden. So beeinflusste die von Frankreich ausgehende Kunstströmung des „style Empire“ auch die Porzellanproduktion in Fürstenberg. Deren Leiter Louis Victor Gerverot strebte seit Beginn seiner Amtszeit 1797 eine Verbesserung der Warenqualität in technischer und künstlerischer Hinsicht an. Fürstenberg wurde schließlich zur Manufacture royale erhoben und belieferte König Jérôme in Kassel.

Nach dem endgültigen Sieg über Napoleon in der Schlacht von Waterloo im Jahr 1815 forderten die europäischen Mächte die Herausgabe aller zuvor fortgebrachten Kunstschätze. Auch die braunschweigische Gesandtschaft verlangte in Paris neben den aus dem Herzog Anton Ulrich- Museum stammenden Kunstschätzen die Restitution des 1807 konfiszierten Fürstenberger Porzellans. Letztendlich einigten sich die Parteien aber auf einen diplomatischen Tausch: Ein Teil des Fürstenberger Porzellans wurde dem Keramikmuseum in Sèvres zur Verfügung gestellt, während Braunschweig mit einer Auswahl an kostbarem Sèvres-Porzellan entschädigt wurde. Von nun an zählte das Herzogliche Museum zu den wenigen Einrichtungen, die über eine Sammlung erlesenen Sèvres-Porzellans verfügte. In der Ausstellung „Porcelaine royale. Napoleons Bedeutung für Sèvres und Fürstenberg“ treffen Werke beider Manufakturen aufeinander. Dabei kehren erstmals seit mehr als 200 Jahren Fürstenberger Stücke aus Sèvres zurück ins ehemalige Herzogtum Braunschweig.

Die Sonderausstellung wirft einen Blick auf die trotz des unfreiwilligen Beginns äußerst fruchtbare Beziehung zwischen den Manufakturen Fürstenberg und Sèvres. Insbesondere die Einflüsse der französischen Kunst auf das in Fürstenberg produzierte Porzellan werden an einigen Exponaten deutlich. Relevante Dokumente wie Briefe und Inventarverzeichnisse zeichnen den historischen Kontext nach; Gemälde und Büsten aus der Zeit vermitteln einen Eindruck der beteiligten Protagonisten. Rund 140 Exponate aus deutschen Sammlungen sowie von privaten und internationalen Leihgebern, darunter die Cité de la Céramique in Sèvres oder die Fondation Napoléon in Paris, lassen diese deutsch-französische Beziehung lebendig werden.