Braunschweig kann nun auch ein Gemälde von Max Beckmann vorweisen. Das Herzog Anton Ulrich-Museum konnte ein frühes Gemälde Beckmanns erwerben, das aus seiner Braunschweiger Jugendzeit stammt und mit großer Wahrscheinlichkeit die Riddagshäuser Teiche und die Buchhorst zeigt.
Das kleinformatige Ölbild dieses Hauptmeisters der Moderne aus dem Jahr 1900 konnte im Rahmen einer Auktion des Auktionshauses Karl & Faber am 5. Dezember 2018 in München ersteigert werden, nicht zuletzt dank der kurzfristig zugesagten Unterstützung der Günter Kalkhof-Stiftung aus Braunschweig.
„Dieser Ankauf ist doppelt wichtig für unser Museum. Nicht nur ist Max Beckmann einer der bedeutendsten Künstler der Moderne, er war zeitlebens ein bekennender Braunschweiger, auch wenn er eigentlich in Leipzig als Sohn braunschweigischer Eltern geboren wurde und nur zwischen seinem 11. und 16. Lebensjahr in der Stadt lebte“, erzählt Museumsdirektor Prof. Dr. Jochen Luckhardt. „Darüber hinaus konnte Prof. Dr. Döring durch die gelungene Ersteigerung das erste Ölgemälde Max Beckmanns nach Braunschweig holen, das noch dazu offenbar einen Ort zeigt, zu dem die Braunschweiger eine ganz besondere Beziehung pflegen: Die Seenlandschaft rund um Riddagshausen / Buchhorst.“
Der 16-jährige Max Beckmann malte die Ölskizze „Landschaft mit See“, Öl auf Leinwand, aufgezogen auf Karton, 19,5 x 28,5 cm, nach Ausweis der Signatur am 6. April 1900. Die Arbeit stammt aus Beckmanns frühester Schaffensphase, kurz vor dem Beginn seines Studiums an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar, und zählt somit zu den ersten Werken seiner künstlerischen Laufbahn. Ein Zeitraum, der bisher wissenschaftlich wenig erforscht und auch noch nicht in der aus 58 Werken bestehenden Sammlung von Beckmann-Graphiken im Kupferstichkabinett des Museums vertreten ist. Wie sein frühestes Skizzenbuch (Washington, National Gallery of Art) belegt, durchstreifte Max in diesen Wochen und Monaten zeichnend die Stadt, Natur und Gaststätten in und um Braunschweig – um seine Neugier auf das Leben zu stillen und seine künstlerischen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Prof. Dr. Thomas Döring, Leiter des Kupferstichkabinetts im Herzog Anton Ulrich-Museum, hat sich mit Unterstützung des Heimatpflegers von Riddagshausen, Dipl.-Ing. Reinhard Wetterau, auf die Suche nach dem Ort gemacht, an dem Beckmann die Seenlandschaft gemalt haben könnte. Demnach zeigt der Neuerwerb mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Blick über den Schapenbruchteich in Riddagshausen auf die leicht ansteigende Buchhorst.
„Diese angesichts von Beckmanns Jugend erstaunlich freie und atmosphärische Landschaftsansicht führt Augen, wie früh er seine künstlerische Begabung und Berufung empfand und wie konsequent er dies in künstlerische Arbeit umsetzte. Es ist an der Zeit, seine Braunschweiger Jugendjahre und ihre Bedeutung für seine spätere persönliche und künstlerische Entwicklung genauer zu erkennen, sie zu erforschen und bekannt zu machen. Die Ergebnisse unserer jahrelangen wissenschaftlichen Bemühungen um dieses Thema werden wir im Herbst/Winter 2020-21 in einer Ausstellung im Herzog Anton Ulrich-Museum präsentieren. Die Neuerwerbung dieses Hauptwerks seiner Braunschweiger Jahre bildet einen wunderbaren zusätzlichen Anlass und eine große Bereicherung dieser Schau, in der wir die Herkunft und Anfänge Max Beckmanns mit zahlreiche Leihgaben aus europäischen und amerikanischen Sammlungen beleuchten werden.“, so Prof. Dr. Thomas Döring, Leiter des Kupferstichkabinetts.
Die „Landschaft mit See“ entstammt dem Nachlass Barbara Göpels, der Ehefrau des bereits 1966 in München verstorbenen Kunsthistorikers Erhard Göpel. Gemeinsam erstellte das Ehepaar in den fünfziger Jahren das bisher umfassendste Werkverzeichnis über den Maler und Grafiker in zwei Bänden. Auch privat kannte man sich. 1944 fertigte Beckmann das Portrait „Bildnis Erhard Göpel“ an. Erhard Göpel war, wie inzwischen bekannt ist, zur Zeit des Nationalsozialismus Mitarbeiter des „Sonderauftrag Linz“ und somit am Kunstraub beteiligt. Die Prüfung der Provenienz des auf der Auktion in München angebotenen Werkes hatte daher höchste Priorität. Erst als die lückenlose Provenienz nachgewiesen war – das Gemälde stammt aus dem Besitz von Beckmanns Schwester Margarethe und ging über deren Tochter Hildegard schließlich an Beckmanns Nichte, die es in den 1950er Jahren an das Ehepaar Göpel verkaufte – wurde die Ersteigerung in Betracht gezogen. Max-
Beckmann-Aktionswoche vom 6.-14. April 2019
Das Herzog Anton Ulrich-Museum feiert die Neuerwerbung mit einer Max-Beckmann-Aktionswoche, die auf den Tag genau 119 Jahre nach der Entstehung des Gemäldes, am 6. April 2019, beginnt. Bis zum 14. April wird die „Landschaft mit See“ für kurze Zeit in der Gemäldegalerie zu sehen sein, neben Werken von Künstlern wie Rembrandt und Vermeer, die Beckmann – der die Sammlung des Herzog Anton Ulrich-Museums seit Kindertagen sehr gut kannte – lebenslang bewunderte.
Ergänzt wird die Sonderpräsentation in der Gemäldegalerie mit Spezialführungen, einer Studioausstellung im Kupferstichkabinett und zwei Vorträgen. Die Besucher können in dieser Woche exklusiv für einen ermäßigten Eintritt von nur 5 € (Kinder sogar kostenlos) das Kunstmuseum und den neuen Beckmann besuchen.
Der Ankauf wurde ermöglicht durch eine Förderung der Günter Kalkhof-Stiftung und der Stiftung zur Förderung des Herzog Anton Ulrich-Museums.