Wie wollen wir leben?

Sonderschau "Social Design" eröffnet in St. Ulrici-Brüdern

Neue Sonderausstellung des Braunschweigischen Landesmuseums präsentiert ab dem 27. Juni in St. Ulrici-Brüdern Projekte und Initiativen, die sich aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen widmen

Wie wollen wir leben? Diese zentrale Frage stellen sich Designer*innen bereits seit mehr als hundert Jahren. Auch im 21. Jahrhundert ist „Social Design“ aktueller denn je: Flüchtlingsbewegungen, die Folgen der global agierenden Wachstumsökonomie sowie das steigende Ungleichgewicht in Bezug auf Ressourcen, Produktionsmittel sowie Zukunftschancen und nicht zuletzt die aktuelle COVID-19 Pandemie liefern Ansatzpunkte für neue Design-Projekte, die Lösungsansätze bieten.

Das Braunschweigische Landesmuseum und die Evangelische Akademie Abt Jerusalem zeigen in der vom Museum für Gestaltung Zürich kuratierten Sonderausstellung „Social Design. Wie wollen wir leben“ 25 internationale Designprojekte, die sich den Herausforderungen stellen. Sie werden ergänzt durch 13 Projekte aus der Region, die das Braunschweiger Ausstellungsteam ausgewählt hat.

In sechs Teilbereichen werden die Projekte des Social Design vorgestellt:


Urbaner Raum und Landschaft

  • Bis 2050 werden voraussichtlich 68 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Initiativen wie das Kollektiv Assemble aus Liverpool zeigen, wie eine nachhaltige urbane Entwicklung aussehen kann. Hier werden alte Gebäude und öffentliche Flächen renoviert, neue Arbeitsmöglichkeiten und unternehmerische Chancen geschaffen. Ähnliche Ziele verfolgen auch die Hansen-Werke in der Region Braunschweig.

Wohnen, Bildung, Arbeit

  • Uneingeschränkter Zugang zu Bildung und Wissensaustausch als Schlüssel für eine gerechtere Gesellschaft: Manchmal geht es darum, überhaupt erst ein Schulgebäude zu errichten, wie bei der Lycée Schorge Secondary School in Burkina Faso durch Kéré Architecture, bei dem die Gemeinschaft von Anfang an in das Projekt einbezogen und lokales Baumaterial verwendet wurde. In Braunschweig versuchen die „Codenauten. The Next Gen Developer School“ in nachmittäglichen Workshops Kindern und Jugendlichen, die Angst vor dem Programmieren zu nehmen.

Produktion

  • Projekte wie der Flying8-Webstuhl von Andreas Möller, der mit einfachen Mitteln selbst aufgebaut werden kann, ermöglichten bereits Existenzgründungen in über 20 Ländern auf vier Kontinenten. In Braunschweig wird Kleidung produziert und verkauft, die aus in Weltmeeren geborgenen Fischernetzen hergestellt wird.

Migration

  • Das „magdas“ Hotel in Wien veranschaulicht, wie ein nachhaltiges und soziales Projekt realisiert werden kann. Das sich wirtschaftlich selbsttragende Modellprojekt hat 20 Arbeitsplätze für anerkannte Flüchtlinge aus 16 Nationen geschaffen.

Netzwerke

  • Der „Solarkiosk“ von Graft in Berlin und Andreas Spiess schafft ein Stück Infrastruktur überall auf der Welt: Er liefert nicht nur nachhaltige Energie, sondern ist auch ein Service- und Kommunikationszentrum, das mit seinen vielfältigen Angeboten direkt in die Gemeinschaft hineinwirkt. Daneben gibt es klassische Netzwerke wie das Sozio-Med-Mobil des DRK Kreisverbandes Wolfenbüttel, das den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität durch das Angebot von Fahrdiensten erleichtert.

Umwelt

  • Zugang zu sicherem Trinkwasser zeigen Möglichkeiten für einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt auf. Ohne Strom kann der Warka-Tower des italienischen Architekturbüros Arturo Vittori betrieben werden, gebaut mit einfachen Werkzeugen und lokalen Materialien. Seit 2015 versorgt der Wasserturm Dörfer in Afrika, Asien und Südamerika mit frischem Trinkwasser. Im Zentrum von „Botnik“ der TU Braunschweig steht ein Garten, der als Permakultur angelegt ist und nachhaltig bewirtschaftet wird.

„Angesichts der globalen Krisen und Herausforderungen, die sich ohne Zweifel vor Ort
auswirken, stellt sich immer wieder die Frage, wie Solidarität entsteht, gesellschaftlich
und institutionell gelebt und erzählt werden kann“, betont die Museumsdirektorin Dr.
Heike Pöppelmann.

In der Ausstellung bietet das Braunschweigische Landesmuseum und die Evangelische
Akademie unseren Besuchen eine Plattform für Fragen und Impulse für das Leben in
der Nach-Corona-Zeit. Nach dem Ende der Ausstellungszeit möchte das
Landesmuseum die Denkanstöße in die entstehende Corona-Sammlung aufnehmen.

Förderer

  • Niedersächsische Sparkassenstiftung und Braunschweigische Sparkassenstiftung

Die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Braunschweigische Sparkassenstiftung fördern die Ausstellung. „Wir sind vom Vorhaben des Braunschweigischen Landesmuseums überzeugt. Die aktuelle Ausstellung nimmt Bezug auf die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise und setzt in der Sonderausstellung neue Formate ein. Die Ausstellung ‚Social Design‘ eröffnet damit die Möglichkeit, das Museum noch stärker als Ort des Diskurses mit anderen
gesellschaftlichen Akteuren im öffentlichen Raum zu verankern.“, begründet Dr. Johannes Janssen, Stiftungsdirektor der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, das gemeinsame Engagement.
 

  • Die Braunschweigische Stiftung

„Die Braunschweigische Stiftung fördert diese Ausstellung aus zwei Gründen: Ein Grund ist, dass sich diese Landesausstellung einem innovativen Thema widmet und neben aktuellen internationalen Forschungsergebnissen auch viele regionale Akteure präsentiert, die ‚social design‘ bereits anwenden. Das macht das Thema ‚social design‘ nachvollziehbar und regt zum Tätigwerden an. Die Ausstellung trägt somit stark identitätsstiftende Aspekte in sich, da sie in der Region geerdet ist. Der zweite Grund ist, dass wir die identifikationsstiftende Einrichtung ‚Braunschweigisches Landesmuseum‘ so in ihrer Arbeit und Vernetzung nachhaltig unterstützen können.“ (Gerhard Glogowski, Vorstandsvorsitzender der Braunschweigischen)